Wahlkampf in der Corona-Krise – warum nicht mal agil?
Agile Methoden sind ein offensichtliches Modewort geworden, oder, in Anlehnung an Lévi-Strauss (1950), flottierende Signifikanten, also sinnentleerte Worthülsen und damit wiederum geeignet, jeden beliebigen Sinn anzunehmen. Diese Entwicklung ist bedauerlich, handelt es sich bei agilen Methoden doch um eigentlich sinnvolle Ergänzungen zur eigenen (Wahlkampf)Arbeit, die vor allem in Krisenzeiten handlungsfähig machen.
Wie im Beitrag zum Wahlkampf in der Corona-Krise I: Mit Resilienz zum Ziel ausgeführt, gilt auch für agile Methoden, dass VUKA akzeptiert werden sollte. Das bedeutet, mit Schwankungen und WechselwählerInnen umgehen zu können, mit zunehmenden Unsicherheiten zu leben, komplexe, teils undurchdringbare Problemlagen hinzunehmen und Doppeldeutigkeiten auszuhalten. Nicht zuletzt gilt es, in einem solchen Umfeld zunehmender Herausforderungen handlungsfähig und zugleich erfolgreich zu bleiben.
Agile Methoden können da durchaus helfen! Wer einen Einblick in agile Methoden nehmen will, kann sich den 20 Seiten umfassenden Scrum-Guide der Scrum-‚Päpste‘ Jeff Sutherland und Ken Schwaber durchlesen (Schwaber und Sutherland 2013). Doch Scrum stellt nur eine von vielen agilen Methoden dar. Scrum zu übernehmen, kann nicht innerhalb der letzten Wahlkampfmonate geschehen, sondern muss viel früher passieren.
Doch auch diejenigen, für die Scrum jetzt zu spät kommt, müssen sich nicht von agilen Methoden insgesamt verabschieden. Vor allem für den Endspurt empfehlen sich simplere Methoden wie Kanban. Kanban hat den Vorteil, sehr einfach zu sein. Zudem ist es nicht unbekannt: Kanban kennen wir von einfachen ToDo-Listen. Ein Kanban-Board beinhaltet das Backlog, in dem sämtliche noch zu bearbeitende Aufgaben zu finden sind. Es bietet die Übersicht über alle noch zu erledigenden Anliegen; hier können selbstverständlich jederzeit neue Aufgaben ergänzt werden. Mit drei Spalten werden die Aufgaben dann sortiert: Eine to do-Spalte mit anliegenden Aufgaben, eine work in progress-Spalte mit Aufgaben, die gerade bearbeitet werden und eine done-Spalte mit Aufgaben, die erledigt wurden. Ein kleiner Tipp: Für unser Gehirn ist es immer ganz angenehm zu sehen, dass wir etwas erledigt haben. Lasst die Aufgaben bei done also ruhig hängen!
Ein Kanban-Board sieht dann exemplarisch wie folgt aus:
Je nachdem, welche Struktur angenehmer empfunden wird, können die Zeilen auch nach Kalenderwochen gestaffelt sein. Für eine Prioritätenordnung empfiehlt sich eher eine zusätzliche Eisenhower-Matrix; diese soll hier aber nicht weiter ausgeführt werden.
Was bringt das alles im Wahlkampf? Jedes Parteimitglied, das aktiv den Wahlkampf unterstützt, kann ein Kanban-Board im Wahlkreisbüro aufstellen und damit für eine optimale Aufgabenverteilung sowie Transparenz sorgen. Werden Aufgaben sichtbar, erhalten sie zugleich Struktur. Das ist insbesondere in den für Ehrenamtliche meist (über)fordernden heißen Wahlkampfphasen essentiell. Weitere agile Methoden stellen wir in den nächsten Wochen vor.
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Autor: Simon Jakobs, Leiter der interPartner Akademie. In seiner täglichen Arbeit begleitet er Betriebsräte und bildet Ehrenamtliche aus und weiter. Sie erreichen ihn unter 0201–2487851 oder unter akademie@interPartner.com.
Zitierte Literatur:
Lévi-Strauss, Claude (1950 [1989]): Einleitung in das Werk von Marcel Mauss. In: Marcel Mauss: Soziologie und Anthropologie. Band 2. Frankfurt am Main: Fischer. S. 7–41.
Schwaber, Ken; Sutherland, Jeff (2013): Der Scrum Guide. Der gültige Leitfaden für Scrum: Die Spielregeln. URL: https://www.scrumguides.org/docs/scrumguide/v1/Scrum-Guide-DE.pdf [09.06.2020].